Dienstag, 20. August 2013

Weinversuchung in der Kirche?

Freunde, es ist so.

Die renommierte Weinagentur Mettler Vaterlaus hatte diesen Juli im wunderschönen Kreuzgang der Kirche Fraumünster eingeladen zur Veranstaltung Zürcher Weine goin' downtown.

Und da musste ich einfach wieder einmal in die Kirche gehen.

Eine schöne Bandbreite an Zürcher Weinen von Ost bis West, vom Zürichsee bis ins nördliche Zürcher Weinland . Ein schöner, warmer Nachmittag am 1. Juli 2013. Und grossartige Entdeckungen des Schweizer Weinschaffens. Bei einem Produzenten bin ich gleich mehrmals hingegangen, um immer wieder nachzudegustieren. Gut ... sehr gut!

Mir bisher unbekannt, der Wein-Bauer Baur-Weine aus Rafz - eine Entdeckung. Die sympathische Begegnung mit Peter und Reni Baur und die zwei ganz tollen Weine, welche ich in Zürich kennen gelernt habe, animierten mich doch zu einem Ausflug ins Rafzerfeld. Da muss doch noch mehr dahinter stecken. Und ... da muss ich natürlich hin.

Eigentlich nur kurz, um verschiedene Weine kennen zu lernen und zu verkosten. Eigentlich ... und dass ich dann doch ein paar Stunden länger da war spricht für sich und für die Weine von Peter Baur.

Peter ist ein engagierter Weinmacher - innovativ, versuchsfreudig, der Qualität verpflichtet. Er keltert selber rund 20'000 Flaschen und ich bin erstaunt ob der Sortenvielfalt. Ich verkoste einen grossen Teil des Sortiments.

Freunde, und das mit Freude!

Züricher Riesling - Sylvaner Auslese 2012: Trauben aus drei verschiedenen Lagen mit unterschiedlichen Böden. Der Wein ohne BSA - ein frischer, spritziger RxS, klassisch und sortentypisch. 14.5 / 20 BAP - jetzt geniessen.

Kerner 2012: eine der Spezialitäten, die Peter Baur anbaut. Auf dem Etikett steht "leicht süss". Das macht mich doch etwas stutzig. Aber ... der Wein hat eine tolle Aromatik und ein schönes Säurespiel und ist so in perfekter Harmonie. 15.5 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2014.

La Blanche 2012: Dieser Wein hat mich in Zürich begeistert. Die Rebe eine Neuzüchtung aus Sauvignon Blanc x Cabernet Sauvignon. Dicht, vollmundig und sehr aromatisch. Noten von Feuerstein, Grapefruit, Lime, Stachelbeeren, weisse Johannisbeeren. Eine schöne Würze und angenehmer Abgang. Auch hier ein schönes Säurespiel als Balance zur Frucht. Grosse Freude und 17 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2014.

Federweiss 2012: Pinot Noir aus direkter Pressung. Lachsrosa mit einer schönen Süsse im Bouquet, Noten von Caramel. Im Gaumen frisch mit einer angenehmen Süsse. 15.5 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2014.

Rosé de Cabernet 2012: eine weitere Spezialität aus Peter's Rebbergen. Aus dem Cabernet Jura macht er einen Rosé - und was für einen! Ein klares, strahlendes Himbeerrot. Das Bouquet intensiv, floral, Noten von Rosen und Caramel. Im Gaumen schön vollmundig und einmal mehr die tolle Balance von frischer Fruchtsüsse und angenehmer Säure. 17 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2015.

Pinot Noir 2012: Klares, strahlendes Rubinrot. Schöne Beerenfrucht, Himbeernoten. Im Gaumen sortentypische Pinot-Frucht, Himbeeren, Kräuter, Cassis. Der Wein ist noch jung und darf noch reifen. 16.5 / 20 BAP - 2014 - 2017.

Cuvée Rouge 2012: 80% Gamaret, 15% Pinot Noir, 5% Diolinoir. Junges dunkles Rubinrot mit violetten Reflexen. Im Bouquet Fruchtsüsse, Kräuter und recht vielschichtig. Im Gaumen vollmundig, weich, angenehm, weiche Tannine und eine stützende Säure. 16 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2016.

Diolinoir 2011: Auch hier wieder eine neuere Züchtung. Tiefes Purpurrot mit violett-schwarzen Reflexen. Tolles Bouquet mit schwarzen Kirschen und süssen Gewürzen. Im Gaumen noch jung mit Cassis, Fruchtsüsse und lang im Abgang. Verlangt noch nach Reife. 16.5 / 20 BAP - geniessen 2014 - 2018.

Pinot Barrique 2011: Ein toller Pinot aus einem sehr guten Jahr mit einem guten Einsatz des Barrique. Übrigens braucht Peter "deutsche Eiche" der Küferei Krogemann aus Bremen. Der Pinot bringt nebst den sortentypischen Beeren schöne Röstnoten und im Gaumen eine tolle Frucht, dicht im Antrunk und eine schöne Süsse. 17.5 / 20 BAP - jetzt geniessen bis 2017.

Cuvée Noir 2009 Barrique: 50% Gamaret, 40% Diolinoir, 10% Pinot Noir. Dichtes Purpurrot, fast schwarz im Kern. Im Bouquet dicht und mit schöner Fruchtsüsse, komplex. Der Gaumen vollmundig, ausgewogen, mundfüllend - ein tolles Fruchterlebnis mit langem Abgang. 18 / 20 BAP jetzt geniessen bis 2018.

Pinot Noir Grand Cru 2009: Darf denn Pinot Sünde sein? Grossartiger Wein dank konsequenter Ertragsreduktion. Peter Baur reduziert auf rund 300 Gramm pro m2. Der Pinot wird während 21 Monaten im Barrique und anschliessend noch 9 Monate in der Flasche ausgebaut. Tiefes dunkles Rubinrot. Im Bouquet zeigt sich das Holz, die Frucht mit schwarzen Kirschen, Kräutern, Fruchtsüsse. Im Gaumen unglaublich viel Kraft eines grossen Gewächses, das nach Reife verlangt. Ja man kann ihn jetzt schon geniessen (ich gestehe ... ich bin heute der Versuchung erlegen und habe eine Flasche geöffnet ... und ich gestehe ... sie ist bis am Ende des Abends auch leer geworden). Der Wein hat enorm viel Potenzial. 18.5 / 20 BAP - am Anfang der Trinkreife. Wer warten mag wird belohnt und wird ihn bis 2020 geniessen können ... wenn die Flaschen reichen.

Das volle Programm - wow! Die Weine haben in der ganzen Breite überzeugt. Und ich finde Preis-Leistung für diese Qualität von Baur-Weine sehr gut. Kompliment, Peter. Ich habe ja selber in den 80er Jahren viele Jahre im Zürcher Weinland gelebt. Die Weine von damals möchte ich und kann ich gerne vergessen. Was aber heute an Qualität geboten wird, das darf sich sehen lassen.


"Einen hab ich noch" sagt Peter Baur geheimnisvoll. Ja? Da bin ich aber gespannt. Peter experimentiert bekanntlich gerne - und das doch mit sehr genussvollen Resultaten. Im Keller liegt ein Barrique mit Essenz vom Feinsten und so komme ich doch an diesem Abend noch zur Probe eines Fassmusters.

Gamaret 2012 Barrique - limited Edition: Die Trauben mit niedrigem Ertrag wurden drei Wochen luftgetrocknet, um Wasser zu entziehen und die Konzentration zu erhöhen. Maischegärung und im Barrique seit Januar. In der Farbe ganz dunkles Violett-Purpur, dicht mit Kirchenfenstern. Im Bouquet offenbart sich eine tolle Frucht, Gewürze, Süsse, das Holz schön eingebunden. Im Gaumen wieder eine weiche Frucht, viel Fruchsüsse, Kirschen, schwarze Beeren, Zimtnoten, schwarzer Pfeffer. Trotz der dichten Süsse wirkt der Wein frisch. Peter verrät mir auch sein Geheimnis dazu. Er hat die getrockneten Rappen mitvergoren, um dem Wein zusätzlich Struktur und Tannin zu geben. Das ist gelungen. Der Gamaret ist jetzt schon unglaublich zugänglich und ausgewogen. Das wird ein grossartiges Weinerlebnis werden.

Leider wird es nur wenige Flaschen davon geben. Und eine habe ich davon schon reserviert. Gell, nicht vergessen, Peter!

P.S. Gerade erreicht mich noch die Mitteilung, dass Peter's Grand Cru beim Grand Prix du Vin Suisse 2013 eine Goldmedaille gewonnen hat. Herzliche Gratulation - und einmal mehr bin ich beruhigt, dass ich mich auf mein Gespür für gute Weine doch verlassen kann.